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"Die Zukunft ist multichannel"

PAYBACK hat sich seit dem Jahr 2000 vom Start-up zur größten Multichannel-Marketingplattform entwickelt. Dabei setzt das Unternehmen auch auf die Unterstützung von Unternehmensberatern. Über deren Rolle, die Ansprüche der Kunden und die vielfältigen Herausforderungen für Unternehmen und Unternehmensberater in Zeiten der digitalen Transformation sprach BDU-Vizepräsident Ralf Strehlau mit dem CEO von PAYBACK, Bernhard Brugger.

Ralf Strehlau: Herr Brugger, ist die Form eines Multipartnerprogramms zur Kundenbindung überhaupt noch ein Wachstumsmarkt?
Bernhard Brugger: Auf alle Fälle. Traditionell gewachsen sind wir mit Partnern aus dem klassischen Retail und haben dann das Portfolio sukzessive mit weiteren Branchen ausgebaut. Bei Online-Partnern sind wir vor allem mit Affiliate Shops gestartet, von denen mittlerweile über 650 angeschlossen sind. Jetzt sind wir stärker auf digitale Retailer zugegangen und konnten einige renommierte Marken als offizielle Online-Partner gewinnen, z. B. MyToys im letzten Jahr. Hinzu kommt, dass alle unsere Partner ihre Verträge über Jahre hinweg verlängern. Und unsere Kundenbasis wächst - auch in Indien, Polen, Mexiko, Italien und in den USA.


Strehlau: Wie stark ist PAYBACK beim deutschen Konsumenten vertreten?
Brugger: Acht von zehn Deutschen kennen die Marke PAYBACK und nach der EC- und der Kreditkarte ist unsere Karte die drittwichtigste in den Geldbörsen der Deutschen. Wir haben heute 29 Millionen aktive Kunden. Weltweit sind es schon über 100 Millionen im gesamten System. Unsere Reichweite analog liegt bei über 70 Millionen versendeten Punkteübersichten, also Kontoauszügen. Auch mobil wird für uns immer wichtiger – unsere App wurde mittlerweile über 10 Millionen Mal heruntergeladen. Demnach sind wir sowohl digital als auch analog mit einer immensen Reichweite am Markt vertreten.


Strehlau: Der Kunde kennt also die Marke PAYBACK gut. Umgekehrt weiß PAYBACK viel über den Kunden und die Transaktionen, die er am Point of Sale macht, egal ob online oder offline. Wie sehen Sie das Thema gläserner Kunde und Datenschutz?
Brugger: Natürlich haben wir viele Daten unserer Kunden und gerade deswegen nehmen wir das Thema Datenschutz und Datensicherheit sehr ernst. Von den Unternehmens- und Markenwerten, die wir nach vorn bringen wollen, ist das Vertrauen unserer Kunden der wichtigste Wert für uns. Einmal im Jahr lassen wir unsere Systeme und Prozesse in einem TÜV-Audit zertifizieren. Der Begriff „gläserner Kunde“ wird gern falsch genutzt. Wer digital aufgewachsen ist, weiß, dass mit Daten gearbeitet wird. Dabei geht es für uns bei PAYBACK nicht um Big Data, sondern um Smart Data, also darum, zu wissen, was unsere Partner und Kunden interessiert. Damit wir ihnen die richtigen Angebote zur richtigen Zeit über den richtigen Kanal zukommen lassen können. Das wird vom Kunden akzeptiert.


Strehlau: Sie haben somit ein tiefes Verständnis von der Entwicklung des Informations- und Kaufentscheidungsverhaltens der Kunden in Deutschland. Wie hat sich aus Ihrer Sicht der Konsument verändert, gerade in der digitalen Welt?
Brugger: DEN digitalen Kunden gibt es nicht. Wenn man die Umsätze online und offline vergleicht, so ist das Verhältnis nach wie vor 20 zu 80 Prozent. Was der Kunde heute erwartet, ist, dass er seine Einkäufe, seine Informationen, seine Kommunikation und seine Interaktionen über den Kanal gestalten kann, der für ihn gerade relevant ist. Wir sehen, dass sich die Kunden sehr flexibel verhalten, von A nach B und wieder zurück springen. Das Stichwort ist ROPO – Research Online, Purchase Offline oder umgekehrt. Das stellt für jedes Unternehmen eine große Herausforderung dar.


Strehlau: Mit wie viel Prozent Offline - Online sind Sie bei PAYBACK vor 16 Jahren gestartet und wie hoch ist jetzt der Anteil digital?
Brugger: Im Jahr 2000 sind wir mit den Partnern AOL und Ricardo unter fünf Prozent digitaler Kommunikation gestartet. Heute liegt das Verhältnis gesamt bei PAYBACK von digital versus klassisch bei 95 zu 5 Prozent, letzteres umfasst zum Beispiel unsere "Punkteübersicht" per Post und TV-Werbung. Der Rest fokussiert sich auf das Thema App und das Thema Web. Dennoch, und das mag manche erstaunen, haben wir in den letzten Jahren die physischen Aussendungen gesteigert. Und interessanterweise haben die Kunden, die sowohl Angebote per Post bekommen als auch die digitalen Coupons, in beiden Kanälen ihre Umsätze erhöht. Die Zukunft ist Multichannel.


Strehlau: Verzeichnen Sie denn bei PAYBACK steigende Zugriffe auf Mobile, wie viele andere Unternehmen auch?
Brugger: Ja, bei unseren Couponaktivierungen überschreitet Mobile je nach Kampagne teilweise die 65 Prozent. Im Schnitt erreichen wir ca. 55 Prozent und ich rechne damit, dass wir im nächsten Jahr bei 70 Prozent liegen werden. Wenn man über die digitale Zukunft spricht, dann ist es nicht das mobile Internet sondern einfach die App.


Strehlau: Wir haben bisher über Deutschland gesprochen. Unterscheiden sich die Verhaltensweisen in anderen Ländern im Vergleich?
Brugger: Schon innerhalb Europas gibt es deutliche Unterschiede vor allem im Nutzerverhalten. In Italien erreichen wir maximal ein Drittel des Online-Retails, den wir in Deutschland haben. Wenn Sie sich auf der anderen Seite die Kreditkartenverbreitung anschauen, dann ist Deutschland ein Entwicklungsland, denn hier wird immer noch gern über EC-Karte oder bar bezahlt. In den skandinavischen Ländern hingegen ist es völlig undenkbar, dass man nicht mobil bezahlen oder sich nicht digital mit Retail-Unternehmen verbinden kann. Der größte Fehler, den man also machen kann, ist zu sagen, wenn das hier so ist, muss es auch da so sein.


Strehlau: Sprechen wir nun über das Thema Unternehmensberater. Wenn ein Unternehmen PAYBACK als offiziellen Partner einführt, ist das eine einmalige Situation. Was kann ein Berater in diesem Fall leisten?
Brugger: Berater können für die Geschäftsführung und den Vorstand sehr wichtig sein, um bereits im Vorfeld eines PAYBACK-Projekts gemeinsam Strategien zu entwickeln und den Markt zu analysieren. Ein System, in dem sich mehrere miteinander verbinden, muss gestaltet werden. Dafür muss ein Unternehmen technologisch gut aufgestellt sein. 
In der Umsetzungsphase haben nur wenige Unternehmen die entsprechenden Experten, um das Projekt allein zu stemmen. Hier kann ein Berater als externer Spezialist und Ressource eine gute Unterstützung sein. Die Implementierung betrifft unterschiedlichste Schnittstellen im gesamten Unternehmen, und sie soll am Ende natürlich im Zeitrahmen liegen und erfolgreich sein.


Strehlau: Das heißt, jede PAYBACK-Einführung ist auch eine Art Veränderungsprojekt?
Brugger: Ja, beziehungsweise ein Strategie-Umsetzungsprojekt. Je nachdem, wie weit man schon in der unternehmerischen Veränderung ist.


Strehlau: Wie stark ist das Thema Marketingrelevanz in den Umsetzungsprojekten bei Ihnen? Ist das ein Schlüsselthema oder ist es mehr ein technisches Thema, mit dem Unternehmen zu kämpfen haben?
Brugger: Bisher habe ich es noch nicht erlebt, dass eine mögliche Partnerschaft an der Technik gescheitert wäre. Es geht vielmehr darum, dass man sich genau überlegt, was man erreichen und wie man in Zukunft mit dem Kunden kommunizieren will. Wenn ich Marketing als Ausrichten eines Unternehmens auf den Markt und auf seine Kunden verstehe, dann kommt ihm in einem Multichannel- und Multipartnerprogramm eine immense Bedeutung zu. Marketing sorgt dafür, dass auf einen Veränderungsprozess eine klare Richtung und eine Vision folgen.


Strehlau: Ich habe den Eindruck, dass viele Top-Entscheider PAYBACK nicht verstehen. Weil sie sich fragen, ob sie mit so kleinen Incentives Kunden und Kaufverhalten beeinflussen können. Kann der Berater hier die Funktion eines Brückenbauers ausüben?
Brugger: Ich erlebe ein massives Umdenken bei den CEOs, die sich intensiv mit neuen Themen und Märkten beschäftigen. Diese Top-Entscheider tauschen sich mit anderen aus und hören anderen, insbesondere dem Kunden, zu. Oder einem exzellenten Berater, der aufzeigt, wie man sich auf den Markt oder den Kunden ausrichtet. Mittlerweile ist sehr vielen Firmenlenkern bewusst, dass man ohne produkttechnologisches und Kundenverständnis in Zukunft nicht mehr erfolgreich sein kann.


Strehlau: Welche Rolle spielen externe Berater bei Projekten zur Weiterentwicklung Ihres Unternehmens?
Brugger: Wenn wir bei PAYBACK ein neues Projekt in Angriff nehmen, arbeiten wir sehr gern mit Beratern zusammen. Und dann gibt es unser Kerngeschäft, wo wir im Management der Meinung sind, das muss ein Manager von uns können. Unsere erste Aufgabe ist es, dafür die richtigen Leute einzustellen. Auf der anderen Seite reichern wir uns mit dem Wissen und der Kompetenz von Beratern an, die in gewissen Feldern einfach mehr können als ein Unternehmen überhaupt können kann.


Strehlau: Sie plädieren also dafür, dass Beratungen sich spezielle Kernkompetenzen aufbauen?
Brugger: Ich glaube, dass spezifische Kernkompetenzen für Berater den Unterschied am Markt ausmachen können, wenn sie neue Aufträge und Kunden gewinnen wollen. Bei der Einführung unseres Mobile-Payment-Systems haben wir uns zum Beispiel externe Berater dazu geholt, die in diesem Bereich besonderes Know-how haben.


Strehlau: Welche anderen Kriterien sind noch wichtig bei der Auswahl der Berater?
Brugger: Neben der speziellen fachlichen Kompetenz zählt auch die Stärke im strategischen Bereich. Für mich persönlich entscheidend ist, dass der Berater die Unternehmenskultur und die Art, wie sich ein Unternehmen mit seinen Mitarbeitern darstellen will, versteht. Die Chemie muss stimmen. Nur so kann man interdisziplinäre Teams zusammenbringen und sie motiviert hinter einer Aufgabe versammeln.


Strehlau: Sie haben bisher nicht den Preis bei den Auswahlkriterien für den Berater genannt. Ist das kein Kriterium?
Brugger: Das würde ich so nicht sagen. Der Preis ist natürlich ein wichtiges Kriterium. Aber vor dem Preiskriterium kommen erst einmal Qualität und Wert. Unser Produkt sehen wir als Premium-Produkt. Für einen guten Wert bezahlen, zumindest wir, auch den Preis.


Strehlau: Wie wählen Sie Berater aus? Gibt es eine Longlist und wechseln Sie Berater auch einmal aus, um neue Impulse zu bekommen?
Brugger: Wir haben keinen „Haus- und Hofberater“ und wählen Berater immer projektweise aus. Dafür schauen wir uns gezielt an, welche Beratung für das Projekt die richtige ist. Dann unterhalten wir uns mit dem Berater und diskutieren danach intern, ob er Verständnis für unser Unternehmen und unser Problem mitbringt und ob wir glauben, dass wir erfolgreich miteinander arbeiten werden.


Strehlau: Spielen Empfehlungen noch eine wichtige Rolle für die Auswahl von Beratern?
Brugger: Ja, definitiv, wenn jemand, dem ich vertraue, mir eine Empfehlung gibt, finde ich das hilfreicher als wenn ich „ins Blaue pitche“.


Strehlau: Ich habe noch eine Abschlussfrage, Herr Brugger. Bitte ergänzen Sie: Unternehmensberater sind…
Brugger: Da fallen mir drei Dinge ein. Unternehmensberater sind

... Sparringspartner für Veränderungen,

... Lotsen, die mit einer Kombination aus Analysen plus gesundem Menschenverstand neue Fahrwege vorschlagen und

... verbindlich in dem, wie das Ergebnis ihrer Beratung ausfallen wird.


Strehlau: Herzlichen Dank für das Interview, Herr Brugger

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